Pflegeberatung für Angehörige: Alle wichtigen Informationen

Wenn Angehörige pflegebedürftig werden, stehen viele Menschen vor einer großen Herausforderung: Plötzlich ergeben sich zahlreiche Fragen und es müssen Entscheidungen getroffen werden. Zum Glück werden in Deutschland für diesen Fall Pflegeberatungen angeboten. Diese lohnen sich zwar für Pflegebedürftige und Anbieter, werden jedoch bislang nicht in dem Umfang angeboten und genutzt, der möglich – und nötig – wäre. Deshalb beantworten wir hier die wichtigsten Fragen rund um das Thema Pflegeberatung.

Inhalt

Pflegeberatung

Pflegeberatung als Unterstützung für Angehörige

Die Pflegeberatung ist eine wichtige Hilfe für Menschen, die einen Angehörigen pflegen oder betreuen. Ziel ist es, sie dabei zu unterstützen, die Pflege ihrer Angehörigen bestmöglich zu organisieren und dabei ihre eigene Gesundheit und Belastbarkeit im Blick zu behalten. In der Beratung geht es um Themen wie Pflegegeld, Unterstützungsleistungen, Pflegehilfsmittel, Pflegekurse oder auch rechtliche Fragen. Außerdem werden Kenntnisse und Fähigkeiten für die Pflege von Angehörigen vermittelt.

Wer führt Pflegeberatungen durch?

In Deutschland werden Pflegeberatungen von Krankenkassen, Pflegestützpunkten, Pflegediensten und kommunalen Beratungsstellen sowie selbstständigen Pflegeberatern angeboten.

Zudem gibt es eine Reihe Unternehmen, die sich auf die Pflegeberatung spezialisiert haben, wie die Medical Contact, WDS Care, familiara und das Fürstenberginstitut. Diese arbeiten entweder im Auftrag der Krankenkasse, bieten die Pflegeberatung als Arbeitgeberleistung an oder haben daraus ein kostenpflichtiges Angebot für Pflegebedürftige und Angehörige erstellt.

Wer kann Pflegeberatung in Anspruch nehmen?

Gesetzlichen Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung haben alle Versicherten, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Dazu gehören alle Personen mit anerkanntem Pflegegrad und ebenfalls Personen, die bereits einen Antrag auf Pflegegrad gestellt haben. Auch pflegende Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen haben Anspruch auf Pflegeberatung. Wir erklären Ihnen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten der Pflegeberatung.

Die Arten der Pflegeberatung

Individuelle Beratung durch einen Pflegeberater



Martina Bliefernich, studierte Gesundheitswissenschaftlerin und Pflegeberaterin, erläutert: „Pflegeberatung nach §7 SGB XI ist eine individuelle Pflegeberatung durch einen anerkannten Pflegeberater. Jede pflegebedürftige Person mit einem Pflegegrad hat Anspruch auf diese Pflegeberatung. Sie kann bei der Pflegekasse, welche einen festen Ansprechpartner für die Pflegeberatung nennen muss und die Pflegeberatung finanziert, eingefordert werden“, die Pflegeberatung soll dabei Hilfebedarf erfassen und analysieren, einen individuellen Versorgungsplan erstellen, für die Durchführung und die Überwachung des Versorgungsplans Sorge tragen und über Leistungen zur Entlastung Pflegebedürftiger informieren.

Professionelle Pflichtberatung bei der Beanspruchung von Pflegegeld

„Die Beratung in der eigenen Häuslichkeit nach §37 Abs.3 SGB XI“, indes sei „eine professionelle Pflichtberatung, die Pflegebedürftige in Anspruch nehmen müssen, wenn sie Pflegegeld beziehen (Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich, Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich). Die Beratungseinsätze dienen der Sicherung und Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger, die keine professionelle Pflege durch einen Pflegedienst beanspruchen. Pflegende Angehörigen erhalten in diesem Rahmen zudem die Möglichkeit, regelmäßige Hilfestellung und praktische pflegefachliche Unterstützung zu erhalten“, so Bliefernich. Diese Art der Beratung werde von zugelassenen Pflegediensten oder durch von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannten Beratungsstellen durchgeführt. Die Kosten trägt hier die Pflegekasse. „Bei Nichteinhaltung dieser Pflichtberatung kann das Pflegegeld gestrichen werden“, gibt Bliefernich zu bedenken.

Pflegekurse und Pflegeberatung für Angehörige

Dann gibt es da noch „Pflegekurse und -beratung für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen nach § 45 SGB XI“, diese seien „unentgeltliche Schulungskurse und Beratungsangebote, die für jeden, der sich dafür interessiert, angeboten werden. Sie sollen soziales Engagement im Bereich der Pflege fördern und Pflege und Betreuung erleichtern und verbessern. Im Rahmen dieses Angebots werden Fertigkeiten für eine eigenständige Durchführung der Pflege vermittelt. Die Schulung kann auf Wunsch in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person stattfinden und wird von der Pflegekasse finanziert“. Zusätzlich gäbe es noch das lokale Pflegeberatungsangebot von Pflegestützpunkten, Seniorenbüros oder Pflegediensten, die eine allgemeine Erstberatung durchführten. Da diese Beratung nicht an das Vorliegen eines Pflegegrades gebunden ist, ist diese in der Regel kostenfrei.

Kostenpflichtige Pflegeberatung

„Zusätzlich,“ so Bliefernich, „gibt es noch eine kostenpflichtige Pflegeberatung.“ Neben den gesetzlich geregelten und kostenlosen lokalen Beratungsangeboten gibt es, wie weiter oben genannt, Unternehmen und selbstständige Pflegeberater, die Ihre Leistungen kostenpflichtig anbieten. „Die Art und Umfang der Beratung soll maßgeschneidert nach den individuellen Bedürfnissen der Ratsuchenden sein“, so Bliefernich.

Vergütung der Pflegeberatung

Durchschnittliche Vergütung Pflegeberatung (Quelle: pm pflegemarkt.com GmbH Stand: Juli 2019)

Wie teuer ist eine Pflegeberatung?

Finanziert werden die Pflegeberatungen dabei von den Pflege- und Krankenkassen. Anbieter können die Kosten für die Pflegeberatung direkt mit der Kasse abrechnen, sodass die beratene Person keine Kosten und Mühen hat. Die Vergütung ist jedoch sehr unterschiedlich geregelt. Von Bundesland zu Bundesland wurden verschiedene Vergütungssätze verhandelt, welche sich ebenso von Anbieter zu Anbieter unterscheiden. Die Vergütung der Pflegeberatung nach §37.3 z. B. liegt aktuell zwischen 23€ (Sachsen-Anhalt) und 70€ (Nordrhein-Westfalen).

 
Angehörigenschulung

70 Prozent aller befragten Pflegedienste geben an keine Angehörigenschulung durchzuführen (Quelle: pm Pflegemarkt.com GmbH; Befragung aus April 2019)

Schulungen für Angehörige als Potentiale beratender Pflegedienste

Doch nicht nur die Vergütung wird höchst unterschiedlich gehandhabt – auch die Anzahl der durchgeführten Pflegeberatungen unterscheiden sich von Pflegedienst zu Pflegedienst teils erheblich. Laut einer Umfrage von pflegemarkt.com führt ein Pflegedienst mit mehr als 150 Kunden monatlich im Schnitt 21 Pflegeberatungen (~12 Prozent der Kunden) durch – interessant ist bei der Aufteilung der beratenden Pflegedienste hierbei der prozentuale Anteil der Patienten, der im Monat beraten wird.
So beraten prozentual gesehen Pflegedienste mit bis zu 60 Kunden am häufigsten, während Pflegedienste mit 60 bis 90 Kunden im Schnitt nur 5 Pflegeberatungen pro Monat durchführen, was etwa 7 Prozent der Kunden entspricht. Befragt wurden 104 Pflegedienste. Hier offenbaren sich eindeutig noch große Potentiale für beratende Pflegedienste, die aktuell bei weitem noch nicht ausgeschöpft wurden. Auch das Thema Angehörigenschulung ist bei Pflegediensten noch nicht flächendeckend vertreten – so gaben rund 70 Prozent aller befragten Pflegedienste an, keine Pflegekurse für Angehörige durchzuführen – rund ein Viertel führte immerhin 1-5 Schulungen pro Monat durch.
 

Die aktuellen Pflegeberatungsthemen

Doch welche Themen werden am häufigsten beraten? Aus den Marktdaten von pflegemarkt.com lässt sich ablesen, dass etwa jedes zehnte Pflegeberatungsgespräch im Rahmen der Expertenstandards auf das Thema Sturzprophylaxe eingeht. Die Nachfrage nach Beratungsprodukten zum Thema chronische Schmerzen macht 8 Prozent aller Nachfragen aus. Fragen zum Thema Demenz und der Dekubitusprophylaxe werden in etwa 7 Prozent aller Beratungsgespräche beantwortet.
Bei Betrachtung der aktuellen Pflegeberatungsthemen im Suchvolumen von Google fällt zudem ins Auge, dass in Deutschland besonders oft nach Diabetes gesucht wird; was bei einer Volkskrankheit jedoch nicht weiter verwunderlich ist. Auch das Thema „Obstipation“ wird nicht zwingend nur in Pflegeberatungen besprochen. Dafür zeigt sich jedoch auch bei der Suchvolumenanalyse das Thema Demenz mit durchschnittlich 40.500 Suchanfragen pro Monat als wichtiges Thema. Erst mit einigem Abstand folgen solch spezielle Themen wie Multiresistente Keime (MRSA) (27.199 Suchanfragen pro Monat), Verhinderungspflege (22.200 Suchanfragen pro Monat) und die Kurzzeitpflege (18.100).

Beratungsangebot Pflegeberatung

Jedes 10. Beratungsgespräch im Rahmen der Expertenstandards geht auf das Thema Sturzprophylaxe ein (Quelle: pm pflegemarkt.com GmbH)

Suchanfragen pro Monat bei der Pflegeberatung

Suchanfragen zur Pflegeberatung (Quelle: pm pflegemarkt.com GmbH)

Qualität der Pflegeberatung zukünftig besser machen

Um die Qualität der Beratung künftig noch besser kontrollieren zu können, wird diese zukünftig von Gesetzgeber mehr ins Visier genommen. Für die Pflegeberatung nach §37.3 SGB XI wurden bereits Empfehlungen zur Qualitätssicherung vorgelegt und bis zum 1. Januar 2020 sollen Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation von Beratungsbesuchen folgen. „Im Rahmen der Qualitätsprüfungen ambulanter Pflegedienste wird ab 2020 deutlich detaillierter geprüft, wie und zu welchen Themen Pflegedienste Pflegeberatung durchführen“, stellt Bliefernich fest. Zudem habe das Zentrum für Qualität in der Pflege einen Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege erstellt.